Laura´s Geschichte, alles was nach ihrem Tod passierte, erzählt von Elisabeth im Jahre 2008

Mittlerweile ist ein Jahr vergangen als ich euch die Leidens- und Lebensgeschichte unserer Laura dargestellt habe.

Ich möchte mich an diese Stelle entschuldigen, doch die Schule hält einem auf Trap. Doch das ist jetzt vorbei. Das Abitur geschafft und das Leben liegt vor einem. Doch nicht für alle.

Was würdest du jetzt tun, Laura? Wie hätte dein Abitur ausgeschaut? Dein Abschlusskleid? Was wäre wenn?

Selbst nach diesen 5 Jahren denke ich noch so oft an dich. Denn gerade zu solchen ereignisreichen Tagen müsstest du doch dabei sein…

Aber ich möchte hier die Geschichte weiter schreiben.

Am Mittwoch, den 12. März 2003 sahen wir alle so oft noch zu unserer Klassentüre und hofften einfach nur, dass unsere liebe Laura ins Klassenzimmer kommt. Und uns alle erheitert. Ein kurzes Lächeln und alles ist wieder in Ordnung.
Doch anstelle von dir, Laura, kam nur ein Notfallseelsorger.
Ein netter Mann, der uns helfen sollte, das zu verstehen, was du gemacht hast. Doch es half nicht viel! Dennoch hatte er uns geholfen den ersten Tag ohne Dich zu überbrücken.
Die darauf folgenden zwei Tage waren nicht besser, als dieser erste. Unser Notfallseelsorgen war nicht mehr da, dafür hatten wir zwei Psychologen, die uns zur Seite stehen sollten.
Jung wie wir waren, vertrauten wir Ihnen vollkommen. Wir konnten unsere Probleme, unsere Trauer und unsere Gefühle aussprechen. All das, was doch nicht an die Öffentlichkeit gehörte, da es aus unserem tiefsten Inneren kam. Aber leider war uns dieses „Private“ nicht gegeben. Unsere ausgesprochenen Gedanken wurden weitergesagt. Was das heißt? Die Lehrer wussten was wir unseren Psychologen gesagt haben!

Es sind nun 5 Jahre vergangen, und ich kann mich leider nicht mehr an alles erinnern. So z.B. die nächsten Tagen. Ich weiß nur noch, dass das Fernsehen da war und uns filmen wollte. Doch das haben sie nicht geschafft.
Außerdem waren da so viel Artikel noch in der Zeitung, die wir alle sofort gelesen haben und wieder geweint haben.
Ich weiß auch noch, dass ich Geburtstag hatte. Es war nun der 8. Tag ohne unsere Laura, und ich hatte zwei Flaschen Sekt mitgenommen. Wir stießen auf meinen Geburtstag an, ein Glas hatte ich für dich übrig gelassen. Doch irgendwer hatte es dann doch getrunken.
Wenige Tage später fuhren wir ins Skilager. Wir wollten diese Tage aber nicht allein dort verbringen, mit all diesen Lehrern, die uns nicht verstanden haben. Wir wollte eine ganz gewissen Lehrerin dabei haben, die uns verstand und uns wieder aufgebaut hat. So verbrachten wir 7 Tage in Österreich mit teils lustigen Momenten und sehr oft mit traurigen Momenten. So auch der 24. März! Du hattest ja deinen Geburtstag! Zwar konntest du diesen nicht mehr mit uns feiern, aber wir feierten ihn für dich!
Wir hatten ein paar Flaschen Sekt und Spielkarten dabei. Komischerweise kamen wir da auf die Idee zu Thomas Gottschalk zu gehen und eine Spielwette zu machen. Und wollten dort, so glaub ich noch, deine Geschichte in die Öffentlichkeit bringen.
Aber schließlich ging auch das Skilager zu Ende und wir fuhren wieder mit dem Bus nach Hause. Während der Fahrt erfuhren wir einerseits, dass sich eine Schülerin von einem anderen Straubinger Gymnasium ebenfalls das Leben nehmen wollte, doch sie überlebte ihren Sturz. Wir alle war so geschockt darüber! Aber noch mehr, als wir erfahren haben, was in unserer Schule momentan los war.
Es war Tag der offenen Tür an unserer Schule. D.h. einige Klassenzimmer wurden geräumt und Sachen ausgestellt, die die Schülerinnen gebastelt haben. So wurde auch unser Klassenzimmer ausgeräumt! All unsere Kerzen, Plüschtiere, Rosen, Fotos, einfach alles wurde im Schrank eingesperrt. Unsere Poster, die wir für dich gemalt haben wurden verdeckt durch einen Baum, den die 5. Klassen gebastelt haben. Unser Zimmer war nicht mehr wieder zu erkennen. Das einzige, was in dieser Schule vorhanden war, das an unsere Laura erinnerte, war eine einzige Kerze in der Kirche! Eine Kerze…. Es waren gerade mal 2 Wochen vergangen und es war nur eine Kerze für Laura da…. Eine einzige…
Als wir an der Schule angekommen sind, sind dann gleich ein paar Mitschülerinnen von mir ins Direktorat gegangen und wollten eine Antwort haben auf unser „warum“ haben. Die Antwort war ziemlich sachlich: Das Klassenzimmer wurde benötigt und in der Kirche wird ja an Laura gedacht!
Mehr von diesem Tag weiß ich leider nicht mehr.
In den darauf folgenden Tagen sollte auch wieder der Alltag in unser Schulleben einkehren. So schrieben wir zwei schwierige Schulaufgaben in einer Woche.
Aber so konnte das doch nicht weiter gehen? Kaum sind 3 Wochen vergangen, als sich unsere Mitschülerin, Freundin und Kameradin das Leben nahm und wir sollten brav die Schulbank weiter drücken?
Das konnten wir nicht und so beschlossen unsere Eltern, der Direktorin einen Brief zu schreiben. Es saßen sich 5 Elternpaare zusammen und schrieben einen Brief mit Forderungen, die uns Schülerinnen das Leben leichter machen sollte. Die unserer Trauerzeit helfen sollten.
Auch meine Eltern waren bei den „Verfassern“ dabei! Doch alle Eltern haben diesen Brief unterschrieben!
Die Reaktion von unserer Schulleitung war ziemlich eindeutig: es wurde auf diesem Brief geantwortet: Jede Schülerin, die Tochter eines „Verfassers“ war bekam die Aufforderung sich der Schule zu fügen, ansonsten kommt sie den Genuss einer anderen Schule!
Somit war es doch für sehr viele Mitschülerinnen von mir klar, was jetzt zu machen sei! Von den 30 Leuten, die wir einmal waren, verließen 25 die Schule! 23 gingen gemeinsam auf eine andere Schule in Straubing, eine Schülerin besucht nun ein Gymnasium in Regensburg und die andere Schülerin (ich) besucht das Gymnasium Neutraubling.

Heute, nach 5 Jahren und einigen Monaten später, habe ich keinen Kontakt mehr zu meiner früheren Klasse!
Ich besuchte nun meine neue Schule und durfte dort neue Freundinnen kennen lernen. Ich habe die erste Liebe kennen gelernt und auch den ersten Liebeskummer. Ich habe gelernt, wer Freund ist und wer Feind ist. Ich habe das Autofahren gelernt und auch die vehemente Kosten damit.

Das alles habe ich gelernt ohne meine alte Klasse - ohne der 8a des Gymnasiums der Ursulinen.

Der Kontakt ist vollkommen abgebrochen! Ich sehe von MEINER Klasse leider keinen mehr!
Auch wenn 5 Jahre vergangen sind, und ich 5 Jahre auf einer andern Schule war. So war die 8a doch meine Klasse! Es sind 4 Jahre meines Lebens gewesen, die ich mit ihnen verbringen hab dürfen. Auch wenn es viele Hochs und noch mehr Tiefs in diesen 4 Jahren waren. So haben sie mich auch geprägt und ich durfte vieles lernen!

Aus Steinen, die in den Weg gelegt werden, kann man auch etwas Schönes bauen...

 

Lisa schrieb mir noch:
Das war eigentlich im Groben, wie alles begann und endet...
Ich hoffe, viele haben einen kleinen Einblick bekommen... Es wurden viele Fehler
begangen. Von Seiten der Schule und von Seiten von uns...
 
Ach ja, da fällt mir noch was ein:
Auf der Beerdigung: Als Monika VOR DEM GRAB IHRER TOCHTER (!!!!!!!!) stand,
redete noch sie noch zu ihr. Ich finde diese Frau so tapfer und so mutig.
Ich könnte das nicht, nicht vor dem Grab könnte ich stehen, von meinem Kind
und dann noch zu ihr reden. Wahnsinn! Unser Wörther Pfarrer wartete dann
noch einen kurzen Augenblick, ob jemand von der Schule auch noch was sagen
möchte, doch das war nicht der Fall.
Wir alle sind so enttäuscht von der Schule und deren Lehrer. Auf der
Beerdigung weinte keiner von den Lehrern, außer zwei. Bei diesen habe ich
mich später auch noch bedankt, denn die sind Menschen, keine Ungeheuer. Das
mag jetzt vielleicht alles ziemlich bös und gemein klingen, aber für solche
Menschen kenn ich kein anderes Wort. Der Hass wir immer bleiben.